Ulysse Martel

Dass ein französischer Jungdesign­er bei der Frage nach seinen Vorbildern Kurt Thut nennt, überrascht doch ein bisschen, hätten wir doch eher internationale Big Names wie Castiglioni oder Grcic erwartet. Natürlich verehren auch wir den grossen Schweizer Gestalter (1931–2011) für seine Erfindungen: das Scherenbett, den Folienschrank oder den faltbaren Kleiderständer. Aber zu den ganz grossen Namen in der globalen Gestalterszene gehört er nicht. «Ich bin ein riesiger Fan seiner funktionalen Möbel, die sich falten, klappen oder auseinanderziehen lassen», schwärmt Ulysse Martel. «Wären alle Möbel so intelligent konstruiert, würde das viel Transportkosten und somit Energie sparen», lautet seine Begründung. Er selbst hat mit «Sierra» ebenfalls einen Tisch entworfen, der faltbar ist, nur gerade 5 kg wiegt und in einer kleinen, 50 × 70 cm grossen Box transportiert werden kann. Der Tisch entstand im Rahmen eines freien Projekts an der Ecal, wo Martel sein Masterstudium in Produktdesign absolvierte. Deshalb nahm er Kontakt auf zum schwedischen Brand Cuero, das bekannt ist für seine legendären Sessel, darunter auch die Lederversion des Klassikers «Butterfly». «Die kleine, schwedische Firma faszinierte mich schon lange wegen des grossen Know-hows im Umgang mit Leder», sagt der Designer. Tatsächlich ergab sich ein Briefing für einen niedrigen Tisch. Martel entwickelte alsdann ein Modell aus einem Stahlrahmen, einer Holzplatte und Ledergurten, die die Stabilität unterstützen. «Am Brand schätze ich, dass es auf die lokale Produktion, auf Nachhaltigkeit und Handwerk setzt», sagt der Gestalter. Auch in seiner jungen Karriere spielt Handwerk eine wichtige Rolle. Ursprünglich hat Martel eine Ausbildung als Möbelschreiner an der Boulle School in Paris absolviert. «Ich liebe es, etwas mit den Händen zu machen, mit Materialien zu spielen. Schon als Kind habe ich Spielsachen gebaut», betont der Franzose. Anschliessend machte er ein Praktikum in der Villa Noailles, einem Kulturdenkmal, in dem Nachwuchskünstler und -designer gefördert werden. Dort, während der Design Parade im südfranzösischen Hyères, kam er erstmals mit der Ecal in Berührung, weil Studenten dort Arbeiten zeigten. «An den präsentierten Objekten faszinierte mich die Verbindung von starker Ausdruckskraft und innovativer Fertigung», sagt Martel, dessen Neugierde an Herstellungssprozessen ihn schliesslich zu einem Studium an der Ecal bewog.
ulyssemartel.com

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Wort
Katrin Ambühl

Porträt, Atelierfotos
Emilien Itim
Der Südfranzose liebt Handwerk, Hightech, ­clevere Klappmechanismen und und seine Wahlheimat – die Schweiz.

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