Eine Prise Schweiz in der Ferne

Der bekannte Designer Jörg Boner gestaltete das Interieur der Schweizer Botschaft in Khartum, Sudan, neu. Die repräsentativen Räumlichkeiten sind stilvoll sowie zurückhaltend eingerichtet und geben einen kuratierten Einblick in die Schweizer Designlandschaft von gestern und heute.

Die Historikerin Catherine Courtiau schrieb 2013 das Buch «Schweizer Botschaften und Vertretungen im Ausland». Im Vorwort kommen die damaligen Mitglieder des Bundesrats Eveline Widmer-Schlumpf und Didier Burkhalter zu Wort: «Eine Botschaft, ein Generalkonsulat, das sind Schaufenster der Schweiz im Ausland, die Visitenkarte unseres Landes. Diese will gepflegt sein. Die Hülle ist ein Mittel, um den Inhalt ins beste Licht zu rücken. Sie bietet Gelegenheit, unsere kulturelle und sprachliche Vielfalt, unser politisches System mit seinen Institutionen, unsere Ressourcen und unser Kulturerbe, die gleichermassen auf Tradition und Innovation gründen, zu präsentieren.» Diese Zeilen hat sich Designer Jörg Boner bei der Entwicklung des neuen Interieurs der Botschaft in Khartum zu Herzen genommen. Knappe zwei Jahre dauerte der Umbau der offiziellen Räumlichkeiten. Letztere dienen nicht nur diplomatischen Zwecken, sondern werden auch zunehmend für Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Treffen von Wirtschaftsverbänden oder Workshops genutzt.

Bild: Milo Keller

Stimmiges Ambiente
Das Interieur ist zurückhaltend und modern gestaltet und nimmt Bezug zu den lokalen klimatischen und kulturellen Bedingungen. So ist es im Sudan zum Beispiel Brauch, das Gebäude nicht durch den Haupteingang, sondern durch den Garten und über die Terrasse zu betreten. Dieses Ritual liess Boner in die Entwicklung des Interieurs einfliessen. Hinter den raumhohen Glasschiebetüren der Veranda laden Loungemöbel vom bekannten Schweizer Designstudio Big-Game und von Jörg Boner die Besucher zum Verweilen ein. Für eine angenehme Lichtstimmung sorgt die «Wolkenlampe», die 1974 vom bekannten Gestalterpaar Susi und Ueli Berger entworfen wurde. Boner war es ein Anliegen, die Botschaft nicht nur mit Klassikern, sondern mehrheitlich mit aktuellen Produkten von Schweizer Designschaffenden auszustatten. Für die Entwürfe verantwortlich zeichnen über 30 schweizerische sowie internationale Designer, Hersteller und Handwerker.

Bild: Milo Keller

Aller guten Dinge sind drei
Sein Gestaltungskonzept lässt sich grob in drei Teile gliedern, erklärt Jörg Boner: «Der Garten, der entsprechend der sudanesischen Kultur der Haupteingang ist, das Wohnzimmer und der Salon. Letzterer verhält sich wie ein Seitenschiff, das den Wohnraum sowohl räumlich als auch klimatisch vom Garten trennt. Der Wohnraum selbst besteht architektonisch aus drei Bereichen, die durch die Gebäudestruktur definiert werden.» Die gedämpften Farbtöne der Decken und Wände betonen die elegante Raumstruktur und bilden den passenden Rahmen für die Produkte der Schweizer Designschaffenden. Wie ein Schaufenster in die Kreativbranche lassen sich die repräsentativen Räume der Botschaft lesen. Nebst bekannten Entwürfen von Studios wie Big-Game, Alfredo Häberli oder Adrien Rovero und Produkten der Unternehmen Ruckstuhl, Schätti oder Vitra ist auch weniger bekanntes Schweizer Design zu finden. Zum Beispiel zwei Hocker aus der «Sand Chair Serie» von Kueng Caputo. In Kombination mit Klassikern von Rico und Rosmarie Baltensweiler, Susi und Ueli Berger oder Max Bill verleihen sie der Botschaft eine einzigartige Atmosphäre. Boners Interieur schafft es, eine Prise Schweiz nach Nordostafrika zu bringen: Das Look-and-feel der Räumlichkeiten gibt einen subtilen Eindruck der hiesigen Alltagskultur und schafft einen differenzierten Zugang zur Designlandschaft Schweiz.

Bild: Milo Keller

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