Ein gemeinsamer, stiller Rückzugsort sollte es sein: Unweit der Metropole Sydney, und dennoch inmitten der Natur, fanden der Schweizer Architekt Leopold Banchini und sein australischer Partner den perfekten Flecken Erde für ihr Projekt. Das schlichte, autarke Haus fügt sich harmonisch in die Umgebung ein und ist ökologisch gebaut.

Der Plan war einfach – eine Hütte am Fluss sollte es werden. Und zwar in der ungebändigten, üppigen Natur des Marramarra-Nationalparks, am Marramarra Creek, einem Seitenarm des Hawkesbury Rivers. «Mein Entwurf ist eine Reaktion auf die Landschaft und den steilen Hang oberhalb des Flusses. Es war mein Ziel, das Gebäude stimmig in die Umgebung einzupassen», erzählt Leopold Banchini, der in Genf ein gleichnamiges Architekturbüro betreibt. Diesem Grundsatz folgte er bereits beim Fundament, das in den darunter liegenden Sandsteinfelsen eingegraben und nicht wie üblich mit schweren Betonsockeln verankert ist. Zudem liess sich der Schweizer Architekt von der lokalen Baukunst und Architektur inspirieren. «Die leichte Holzbauweise hat mich schon immer fasziniert, insbesondere die Arbeit des Architekten Richard Leplastrier», erläutert Banchini. Der Zufall wollte es, dass Leplastrier nur unweit ihres Grundstücks eine Hütte gebaut hatte. Dies war eine ideale Gelegenheit, sich mit dem lokalen Handwerk und deren Materialien vertraut zu machen.

So einfach die Planung, so aufwendig die Umsetzung. Denn für einmal war der nachhaltige Ansatz nicht nur eine Entscheidung, sondern auch eine Folge des Standorts. Somit waren die Materialwahl und der Bauprozess von den vorhandenen Ressourcen gesteuert. Entsprechend musste das Gebäude mit einem Minimum an Mitteln und Materialien umgesetzt werden. Aufgrund der schwierigen Zugänglichkeit bauten zwei Zimmerleute alles in reiner Handarbeit. Die beiden lokalen Profis orientierten sich dabei an einem Modell im Massstab 1 : 10, das Banchini ihnen zugeschickt hatte.
Holz aus der Umgebung
Das Gebiet ist geprägt von unterschiedlichen Eucalyptus-Arten, was sich in der Materialisierung niederschlug. Bis auf die mit dünnen, feuerfesten Faserzementplatten verkleidete Fassade – als Vorsichtsmassnahme gegen Buschbrände – ist das Haus vollständig aus einheimischem Holz gebaut. Für die Stützen wurden 200 Jahre alte, ehemalige Strommasten aus Eucalyptus Crebra verwendet, die Balken und Böden sind aus dem Holz der Corymbia maculata gefertigt. Weitere Details wurden aus Terpentinholz der alten Anlegestelle – ebenfalls eine Eucalyptus-Art – hergestellt.
Erschlossen wird das Haus über den Steg. Von dort führt eine Treppe zum Eingang, wo man den Hauptwohnraum über eine kleine Seitentür betritt. Dieser wird von einem einzigen grossen Fenster dominiert, das die ganze Pracht des Flusses offenbart. Man fühle sie wie auf einem Boot, gibt der Architekt das Wohngefühl wider. Im Gegensatz zur rauen Umgebung herrscht im Innern geradezu eine meditative Atmosphäre. «Japan ist eine ständige Inspirationsquelle für mich, auch wenn ich diese nicht immer bewusst suche», sagt Banchini.

Beidseitig des gestuften Wohn- und Esszimmers führt je eine Treppe zu den Räumen in der oberen Etage. Zwei kleine Schlafzimmer und Bäder öffnen sich zu einem Innenhof. Von dort geht es über eine Treppe aufs Flachdach. Dieses dient sowohl als Terrasse als auch als Fläche zum Sammeln von Wasser und zum Speichern von Solarenergie. Eine Notwendigkeit, denn das Gebiet ist nicht erschlossen.
Der Landstrich zog seit dem frühen 18. Jahrhundert Abenteurer an und ist heute bei Aussteigern und Ruhesuchenden gefragt. Wobei die Abenteuerlust auch bei Banchini und seinem Partner nicht von der Hand zu weisen ist, die eine schlichte, autarke Hütte in der ungebändigten Natur einem eleganten, luxuriösen Loft in der Grossstadt Sydney vorzogen.
