Lichte Mauern

Wort: Anina Cammarota / Bild: Wilmina
Aus der Isolation zum sozialen Rückzugsort – mitten in der hektischen Grossstadt Berlin zeigt das Projekt Wilmina, wie eine umfassende Transformation im Einklang mit der Vergangenheit gelingen kann.

Die Erweiterung auf dem Dach des ehemaligen Gefängnisses ist mit einer homogenen Metallfassade aus feinen Ketten vor den Panoramafenstern umhüllt und steht in ruhigem Kontrast zum Bestandsgebäude. Bild: Patricia Parinejad

An der Kantstrasse im Berliner Stadtbezirk Charlottenburg liegt ein ehemaliges Gerichtsgebäude, das heute als vielseitiger Kunst- und Kulturraum dient. Gleich daneben befindet sich der direkte Zugang zum einstigen Frauengefängnis – heute das Hotel Wilmina. Gemeinsam steht das architektonische Gefüge mit dem grosszügigen, verbindenden Innenhof für einen Ort, der eine beeindruckende Transformation durchlaufen hat. Das Architektenduo Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch hat sich im Jahr 2011 diesem herausfordernden Umnutzungsprojekt angenommen, nachdem das ehemalige Gefängnis seit über 30 Jahren leer stand. Wir haben uns mit der Architektin und dem Architekten, die gemeinsam das Studio Grüntuch Ernst Architekten führen, darüber unterhalten, wie sie diesem geschichtsträchtigen Ort neues Leben eingehaucht haben.

Die Gartenlobby führt in den üppig bewachsenen Innenhof der Gebäudestruktur. Wie eine grüne Oase mitten in der Grossstadt empfängt der Garten die Gäste des Hotels. Bild: Robert Rieger

Welche Aspekte der Atmosphäre und Geschichte des Gebäudes haben Sie besonders dazu inspiriert, es neu zu nutzen?
Im Inneren des Häuserblocks verborgen, war das Gebäude des heutigen Wilmina jahrzehntelang unzugänglich und in Vergessenheit geraten – sogar von den Menschen, die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnten. Der hintere Teil des Innenhofs war gänzlich von Efeu überwuchert. Es war ein stiller, fast märchenhafter Ort, nur mit Vogelgezwitscher durchzogen. Dennoch war eine Beklommenheit merklich spürbar, denn die Gefängnisnutzung war weiterhin deutlich zu erkennen. Diese Ambivalenz war fast greifbar. Doch der stille Ort an der belebten Strasse besass eine emotionale Kraft – wir spürten sie und wollten sie freilegen.

Die neue Penthouse-Etage ist durch das Atrium mit den vier Bestandsgeschossen verbunden. Die Penthouse-Räume wurden minimalistisch, klar und ruhig gestaltet. Bild: Patricia Parinejad

Für die neue Nutzung war eine radikale Transformation notwendig. Wie haben Sie diese erreicht?
Der Ort wurde einst zur Isolation erbaut – das Gebäude hat demnach eine einnehmende Präsenz und eine ausgeprägte räumliche Ordnung. Wir begannen damit, gezielt einen Ort für Begegnungen zu schaffen. Den ehemaligen Schleusenhof haben wir überdacht. Dort – zwischen den ehemaligen Aussenwänden – befindet sich heute das Restaurant Lovis. Auch die rigide Zellenstruktur haben wir aufgelockert, erweitert und neu verbunden. Heute ist das Gefängnis und dessen räumliche Präsenz neu zu erfahren. Die grösste Herausforderung war es, das Raumkonzept des Gebäudes im Wesentlichen umzukehren – vom isolierten Raum hin zum sozialen Gefüge – ohne dabei den Charakter des Hauses zu verlieren. Durch Entfernen von Ziegelsteinen aus der Fassade konnten die erweiterten Räume mit Tageslicht durchflutet werden. Eine präsente, visuelle Verbindung zur Aussenwelt entstand.

Das gesamte Interview lesen Sie in der Ausgabe 11-24 der Wohnrevue.


 

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