Ganz spezielle Pläne hatte die Besitzerin für die Böden: In den Gästezimmern im Obergeschoss waren dies die bereits erwähnten Holzböden aus alten Weinfässern, im offenen Küchen- und Wohnbereich wollte sie einen Terrazzoboden nach traditioneller italienischer Machart. «Er sollte aussehen wie ein Salame nostrano», beschreibt Luder ihre gestalterische Vision.
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Katrin Ambühl
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Stefan Höhn
Es riecht nach Wein, Moder und Stein. Licht dringt kaum ein in den alten Gewölbekeller, in dem über Generationen Schnaps gebrannt und Wein gekeltert wurde. Die alten Weinfässer, die hier lagerten, haben im neu eröffneten Gästehaus Cortiletto ein zweites Leben erhalten: Das Holz von rund einem Dutzend Fässern ist zum Parkettboden geworden und haucht den Zimmern eine Prise Geschichte ein. Auch sonst atmet das Anwesen den Geist längst vergangener Zeiten. «Wir wollten den historischen Charakter der Gebäude möglichst ursprünglich erhalten», sagt Natalie Luder, die 2014 zusammen mit ihrem Mann Chris Hodgins die Hofanlage erstand. Das Ensemble umfasste neben Stall und Weinkeller ein L-förmiges Hauptgebäude, das im Laufe der Jahrhunderte immer wieder erweitert und umgebaut wurde. Die neuen Besitzer kauften das Anwesen samt Mobiliar und Lagerbeständen. «Wir haben mehr als eine ganze Lastwagenladung entsorgt», erzählt Natalie Luder. Dies, obwohl sie versuchte, möglichst vieles wiederzuverwerten. Noch immer sind Überbleibsel des einstigen Hofbetriebs zu sehen, und in einem Wohntrakt herrscht noch ein buntes Chaos. Das frisch renovierte Haupthaus hingegen ist einladend und bezaubert mit historischen Zeitzeugen und schönen Details, die die Textil- und Schmuckdesignerin entworfen hat. Doch der Weg dorthin war lang und steinig, er dauerte gut vier Jahre.
Salami am Boden
Das Gebäudeensemble fand das Paar zufällig auf Homegate bei der Suche nach einem Eigenheim im Tessin. «Als wir das erste Mal hierherkamen, fühlten wir uns sofort wohl und sahen das grosse Potenzial», blickt Natalie Luder auf die Anfänge zurück. Ein Hausteil war gut bewohnbar, und so zog das Paar – damals gerade in guter Hoffnung – nach Cavigliano. Das Dorf liegt am Eingang des Onsernonetals, in der Nähe von Verscio, dem Zuhause der Theaterschule Dimitri. «An der Substanz wollten wir möglichst wenig verändern», beschreibt die Bauherrin ihr Ziel. Bevor die eigentlichen Umbauarbeiten in Angriff genommen wurden, legte die Gestalterin selbst Hand an – und zwar mächtig. In sorgfältiger und aufwendiger Kleinarbeit entfernte sie mehrere Farbschichten an den Wänden und legte so die alten Wandmalereien und historischen Verputze frei. Auch den bemalten Granitstürzen und dem Kamin, auf denen es sogar Farbschichten mit Tupfenmuster hatte, rückte sie zu Leibe und schlug die Farbschichten ab.
In einer Tessiner Hofanlage mit jahrhundertealten Bauten ist die Zürcher Gestalterin Natalie Luder heimisch geworden. Hier hat sie gemeinsam mit Spezialisten die Seele eines Gebäudes freigelegt und es mit ihrer Kunst zu neuem Leben erweckt. Ein Gesamtwerk, zu dem auch ein kleines, feines Bed & Breakfast gehört.