Prämierte Überflieger

Im Zweijahresrhythmus prämiert der Design Preis Schweiz ­Projekte aus wirtschafts­relevanten Designdisziplinen. Die dies­jährige Preisverleihung fand am 1. November in Langenthal statt. Alle 13 Gewinner der ­Edition 2019/20 haben eines gemeinsam: Ihre Projekte gehen durch die Decke!
Limbic Chair
Konzept: Patrik Künzler, Oberflächengestaltung Chassis: Ben Fluri, Elektronik-Design: Mark van Raai
Gewinner Kategorie «Furniture Design» 

Von der treibenden Kraft hinter diesem Projekt, Patrik Künzler, haben wir in einem Gespräch mehr erfahren über die Entstehungsgeschichte des innovativen Stuhls.

Patrik, du bist kürzlich Vater geworden. 2011 wurde dein erstes «Baby», der «Limbic Chair», geboren. Seit 2018 gibt es ausserdem den «Limbic Chair Virtual Reality». Findest du noch Zeit, um zu verschnaufen?
Abschalten ist für mich das Schwierigste überhaupt. Mir einzugestehen, nun mach halblang, fällt mir schwer. Mein Hirn ist wie ein Schwamm, es saugt alles auf. Darum muss es immer mal wieder runterfahren. 

Der «Limbic Chair» ist ein Stuhl mit neuro-ergonomischem Ansatz, von dem positive Impulse für unser mentales respektive emotionales Wohlbefinden ausgehen – wie funktioniert das?
Die anschmiegsamen Schalen sind so geformt, dass sie einen an speziellen Punkten berühren. Diese Berührungen regen zu Bewegungen an, die positive Emotionen auslösen. Und diese wiederum beeinflussen unser Denken. Als ich noch in den USA an der Uni war, hatte ich einmal einen «Schranz» in meiner Jeans. Ich liess sie flicken und lief dann mit einem fetten Patch am Oberschenkel rum – das fühlte sich bei jedem Schritt richtig gut an! Man kann Menschen gezielt berühren, um gezielt Bewegungen auszulösen und zu fördern – das war mein Aha-Erlebnis.  

Daraus entstand dann die Idee, einen «intelligenten» Stuhl zu entwickeln?
Ja genau. An der Uni führte ich Umfragen mit Studenten durch. Ich fragte sie sowohl nach dem Möbelstück, das ihre Nerven am meisten strapaziert, als auch nach dem schönsten Gefühl. Die Antworten waren eindeutig: Als Möbelstück wurde der Stuhl und als Gefühl die Liebe am meisten genannt. Da sich mit Liebe nur schwer etwas machen liess, nahm ich das am zweithäufigsten genannte Gefühl: das Schwerelossein respektive das Schweben. Also setzte ich mir zum Ziel, einen Stuhl zu kreieren, der einem dieses Gefühl geben kann.   

Der «Limbic Chair» verspricht gerades Sitzen – ohne Kraftaufwand, ganz entspannt.
Schalen und Federung sind so gebaut, dass die Wirbelsäule in ständiger, aber kaum merklicher Bewegung ist. Der Stuhl zwingt einem keine Haltung auf, man kann sich frei bewegen. Jeder soll sich wohlfühlen. 

Du erhältst ab und an Post von «Fans», las ich in einem Artikel, der auf einer Plattform für Schweizer Start-ups veröffentlicht wurde. Wie sind die Rückmeldungen?
Ich habe eine Kundin, die mir immer mal wieder schreibt. Früher tanzte sie Ballett, später ging sie am Stock. Der «Limbic Chair» habe sie wieder zu tänzerischen Bewegungen animiert. Auf einmal habe sie sich wieder so frei gefühlt, erzählte sie mir, und ihre Pilates-Trainerin habe sie sogar gefragt, ob sie einen Intensivkurs gemacht habe. Geschäftsleute berichteten mir, sie müssten nach Feierabend nicht mehr zum Masseur gehen, und Menschen mit gesundheitlichen Problemen konnten ihre Arbeit wieder aufnehmen. 

Verrätst du uns noch etwas über die ­Materialien deines ­Sitzmöbels? Was waren die Überlegungen dahinter?
Die massgeschneiderten Schalen sind aus Carbon-Kevlar gefertigt. Dieses Material ist nicht nur schön, sondern auch leicht, komfortabel sowie langlebig. Das Chassis besteht aus Stahl und Aluminium, die Oberflächengestaltung hat Ben Fluri gemacht. Alle Teile sind handgefertigt und werden in der Schweiz produziert.

Du hast es geschafft, dein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Was hat dich motiviert, immer dranzubleiben?
Die Freude der Kunden. Wenn ich sehe, wie ich jemanden berühren kann. Und natürlich meine Vision: einen Stuhl zu entwickeln, der das Sitzen revolutioniert. Sitzen ist nun gesund und nutzbringend – und macht erst noch glücklich.
limbic-life.com

Edition Unik
Heller Enterprises
Gewinner Kategorie «Communication Design»

Etwas für Schreibbegeisterte, die schon immer mal ein eigenes Buch über ihr Leben schreiben wollten – und zwar ohne inhaltliche Vorgaben: Das Kulturprojekt «Edition Unik» begleitet mit eigenem Schreib- und Layoutprogramm sowie straffem Zeitplan den gesamten Entstehungsprozess. Dieser dauert von den ersten Ideen bis zum gedruckten Buch bloss 17 Wochen. Die Auszeichnung mit einem Design Preis Schweiz hat bestimmt ein eigenes Kapitel im persönlichen Buch der Initianten des Projekts verdient.
edition-unik.ch
Lecureux Handsetter HSM1708
Damien Regamey
Gewinner Kategorie «Product Investment Goods»

Diese Präzisionsmaschine wurde für die Uhrenmanufaktur entwickelt. Das Ziel von Designer Damien Regamey war es, das Gerät so zu gestalten, dass es arbeitseffizient, ergonomisch und zeitgenössisch gestaltet ist. So erlaubt die Maschine den Uhrmachern etwa, die Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger präzise und effizient auf dem Uhrwerk zu platzieren. Die Arbeitskonsole besteht aus Buche und bietet den flinken Händen – dem wichtigsten Tool der Uhrmacher – eine angenehme Haptik. Dieses Zusammenspiel von hochwertigem Design und Ergonomie veranlasste die Jury zur Preisverleihung.
damienregamey.ch, lecureux.ch

Swiss Flax
Swiss Flax GmbH
Gewinner Kategorie «Swiss Textiles Prize for Fashion and Textile Start-ups»

Kaum eine andere Branche hat mit so vielen Negativschlagzeilen zu kämpfen wie die globale Textilindustrie. Dem wirkt Swiss Flax bewusst entgegen, indem das Unternehmen auf eine nachhaltige, lokale Textilproduktion setzt. Es ist das Bindeglied zwischen Emmentaler Landwirten, die seit 2014 wieder Flachs anbauen, und dem Leinenmarkt. Die Firma mit Sitz in Sumiswald kauft den Bauern das Flachsstroh ab und organisiert die Weiterverarbeitung sowie den Vertrieb. Zu den Endkunden gehören einerseits Webereien und Stickereien, andererseits auch Textilfirmen aus den Bereichen Kleidung und Heimtextilien. Für die erfolgreiche Förderung der lokalen Textilwirtschaft, deren Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist, wurde das junge Unternehmen prämiert.
swissflax.ch

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