«Weiss ist ein unbeschriebenes Blatt»

Neuanfang, Sauberkeit und Reinheit – dafür steht Weiss. Doch wie wirkt die Farbe im Raum? Macht zu viel Weiss müde? Wir haben mit André Herren, der ein Unternehmen für Maler- und Gipserarbeiten führt, der Farbe auf den Zahn gefühlt.
André Herren, was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie an die Farbe Weiss denken?
Weiss ist nicht gleich Weiss: Ein weisser Sandstrand beispielsweise ist nie so weiss wie ein Blatt Papier. Es gibt eine Vielzahl von Weissnuancen.

Weiss wird etwa mit Sauberkeit assoziiert. Hierzulande ist es üblich, dass sich die Braut in Weiss kleidet, wohingegen in fernöstlichen Kulturen an Beerdigungen Weiss getragen wird. Was verbinden Sie mit der Farbe?
Sauberkeit kommt hin, ja, wobei, Weiss kann auch schnell einmal steril wirken. Ansonsten verbinde ich Helligkeit mit Weiss. Zu reines Weiss blendet, was dann natürlich unangenehm ist. Verschiedene Weisstöne, die kombiniert werden, vermitteln das Gefühl von Leichtigkeit, Frische und eben auch Sauberkeit. Auf Weiss lässt sich aufbauen – Weiss ist wie ein unbeschriebenes Blatt. 

Auf Ihrer Website heisst es in einem Video, viel Weiss mache müde. Farben seien wie Kleider für unser Gemüt; sie belebten unsere Sinne. Demnach sind Sie kein grosser Fan von Weiss.
Lassen Sie mich noch kurz den technischen Aspekt unter die Lupe nehmen: Treffen Lichtstrahlen auf einen Gegenstand, werden sie einzeln von diesem reflektiert. Die zurückgeworfenen Lichtstrahlen, auch Wellenlängen genannt, treffen auf die Hornhaut. Das Gehirn verarbeitet die Informationen und löst eine Farbempfindung aus. Weisse Objekte werfen nicht einzelne, sondern alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts ab. Also ist Weiss eigentlich die Summe aller Farben. Sind in einem Raum Boden, Decke und Wände weiss, stellt dies eine grosse Belastung fürs Auge dar; es ist so überreizt, dass es zum Ausgleich automatisch nach dem Komplementärkontrast sucht. Die Komplementärfarbe zu Weiss ist Grau, Graubraun. Werden im Raum nun verschiedene Weisstöne verwendet oder wird neben einer weissen sogar eine farbige Fläche geschaffen, wird das Auge nicht mehr so müde. 

Dennoch ist Weiss eine beliebte Wohnfarbe. Weshalb?
Manche sind vom weissen, schlichten Stil einfach angetan – Ästheten, die es gerne dezent mögen. Sie haben nicht viel übrig für übermöblierte Räume und starke Kontraste. Wenn sie Kontraste einsetzen, sind es schlichte, durch Licht und Schatten erzeugte, die aber oft reduziert oder gar aufgehoben werden, etwa mit weissen Vorhängen. Andere wiederum entscheiden sich aus reiner Bequemlichkeit für Weiss, um sich nicht mit Farben auseinandersetzen zu müssen – damit könne man ja nichts falsch machen, lautet das Argument.  

Das ganze Interview lesen Sie in der Januarausgabe der Wohnrevue. Hier bestellen.

André Herren
André Herren führt seit 2007 ein Unternehmen für Maler- und Gipserarbeiten: die Farbwerk Herren AG im bernischen Münsingen. Der 42-Jährige ist diplomierter Malermeister und ehemaliger Geschäftsführer eines internationalen Malergrossbetriebs. Bereits seine Eltern führten ein Maler- und Gipsergeschäft, welches er kurz vor deren Pensionierung übernehmen konnte und später in sein eigenes Unternehmen integrierte. Farbwerk Herren hat sich auf die Farbgestaltung von Innen- und Aussenräumen sowie auf den Handel mit hochpigmentierten Farben spezialisiert. Die Firma zählt zehn Mitarbeiter sowie zwei Lernende und ist exklusiver Schweizer Vertriebspartner des englischen Farben- und Tapetenherstellers Little Greene.
farbwerkag.ch

Wort
Luisa Aeberhard

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