Wort: Paula Mühlena / Bild: André Hönicke
Mit dem Mischer’ Traxler Studio aus Wien sprachen wir über die Disziplin Design, Zukünftiges und einen Workshop an der FHNW Basel.

Interessiert am Experiment, Kontext und konzeptionellen Denken: Das Wiener Atelier Mischer’Traxler Studio entwickelt und gestaltet Produkte, Möbel, Installationen oder Ausstellungen. Dabei ist Design vor allem ein Werkzeug der Kommunikation. Wir sprachen mit Katharina Mischer und Thomas Traxler über mögliche Rollen von Design, ihre persönliche Herangehensweise an Projekte, die Zukunft und einen Workshop, den sie kürzlich an der FHNW Basel zum Thema Kollaboration leiteten.
Ihre Arbeiten sind in ihrer Form so vielseitig und weitgefasst. Was ist für Sie Design?
Traxler Für uns ist Design die bewusste Gestaltung unserer Umgebung, das proaktive Verbessern und die Auseinandersetzung damit. Es muss dabei nicht gegenständlich sein – Design kann weit gefasst werden. Für uns persönlich ist Design ein Kommunikationsmedium. Es stellt Themen und Zusammenhänge dreidimensional dar und macht es so besser oder einfacher begreifbar.
Was ist Ihr Initialzünder für ein Projekt? Und wie gehen Sie im Prozess weiter vor?
Mischer Projekte starten bei uns meistens mit einem Briefing, also einem formulierten Auftrag. Grundsätzlich bildet aber oft eine Aussage oder ein Thema den Anfang. Diese gibt dann den Rahmen für das Projekt. Durch Recherchen und Experimente entwickelt sich das Konzept weiter, wobei sich die ursprüngliche Idee vertieft, aber auch verschieben kann. Zusätzlich spielt der Kontext eine Rolle. Ob Museum, Galerie oder öffentlicher Raum – das fliesst mit dem Konzept zusammen und beeinflusst den Entwurf und auch etwa Material oder Form.
Wann ist ein Projekt für Sie fertig?
T Offiziell mit der Deadline und Präsentation, aber oft bleiben Projekte für uns offen für Weiterentwicklungen. Man könnte auch sagen: Es ist nie etwas zu Ende gedacht. Es ist sicher immer sehr durchdacht, aber wir tun uns schwer mit einem Ende. Denn irgendwie ist jedes Ende auch wieder ein Anfang.
Welche Rolle spielt die Zukunft in Ihrer Arbeit?
T Sie ist kein omnipräsentes Thema. Unterbewusst taucht sie aber immer wieder auf. Wir denken oft zukunftsgerichtet, auch spekulativ – wollen idealerweise etwas schaffen, das auch in zehn Jahren noch relevant ist. Wichtig ist uns aber, dass unsere Projekte nicht Konzepte bleiben, sondern auch schon heute real erlebbar sind.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
M Unser erstes Projekt «The idea of a tree» haben wir vor 15 Jahren gestartet. Gerade wurde es zur Solar Biennale am Mudac in Lausanne erneut ausgestellt. Es handelt sich um einen solarbetriebenen Prozess, der quasi autark produziert und die Frage stellt: Wie kann man weg von einer 24/7-Produktion hin zu natürlichen Rhythmen? Wir haben uns eine Welt vorgestellt, in der nicht die Massen- und Reproduktion das Ideal ist, sondern auch eine Individualität im Objekt relevant wird. Zudem die Fragen: Wie entwickelt sich das zukünftige Modell der Arbeit und Produktion? Oder wie können wir Einflüsse der Natur in automatisierte Fertigungsabläufe einfliessen lassen? Durch unser Projekt wird auf diese Fragen eine reale Antwortmöglichkeit in Form einer Maschine erleb- und begreifbar dargestellt.
Sie haben einen Workshop an der FHNW geleitet. Worum ging es?
T Der Titel Co-Lab stand fest: Der Fokus lag auf Kollaboration. Studierende aus Fashion, Szenografie und Industriedesign sollten gemeinsam ein Projekt für die Designwoche in Mailand entwickeln, das sowohl das Thema als auch die FHNW im House of Switzerland repräsentiert. Wir haben mit den Studierenden und dem lokalen Team der FHNW erarbeitet, wie sich diese Zusammenarbeit und verschiedene Aspekte einer Universität – von manuellem Bauen über Prototypenentwicklung bis zu Technologie – in eine Ausstellung übersetzen lassen.
Wie sind Sie weiter vorgegangen?
M Wir haben vier Fragen formuliert: Wie kann Kollaboration dargestellt werden? Wie kann sie erlebbar gemacht werden? Wie lässt sich ein gemeinschaftliches Archiv visualisieren? Und wie kann in einer Kollaboration der direkte Austausch mit der Natur stattfinden? Die Studierenden haben sich einer Gruppe zugeordnet. Die Ergebnisse reichen von Experimenten, Prozesshaftem über Low-Tech-Interaktivem bis hin zu skalierten Modellen. Schön ist, dass es die diversen Aspekte des studentischen Daseins zeigt. Es ist nun eine Mischung, die hoffentlich auch im Raum fühlbar sein wird, den Studienalltag wiedergibt und nicht nur das polierte fertige Ding aufs Podest stellt.
Was gehört für Sie in eine zeitgemässe Designlehre?
T Weg vom Human-centered- hin zu Eco-centric-Design. Denn Design sollte nicht nur den Menschen, sondern auch andere Lebenswelten einbeziehen. Dabei darf man nicht vergessen, dass Design trotzdem Teil eines gesellschaftlichen Ganzen ist. Daher finden wir es grundsätzlich spannend, systematisch zu denken und wach gegenüber Bereichen zu bleiben, in die Design einfliessen und zu einer Verbesserung beitragen kann. Design kann überall gebraucht werden, ob in der Medizin oder bei der Polizei. Ein Beispiel dazu: Bei einem Symposium war ein Augenchirurg. Er zeigte auf, wie viel Abfall bei nur einer Operation anfällt – Dauer des Eingriffs etwa 8 Minuten – Fläche zwei Quadratzentimeter. Zusammen mit einem Designkurs optimierten sie den Ablauf, um den Abfall zu minimieren. So wurde etwa ein Formular statt Hochformat Querformat geplant, und es konnten vier der Blätter auf einem untergebracht werden. Das zeigt, worum es im Design auch geht: Bestehendes hinterfragen, neu denken und verbessern – nicht nur Produkte, sondern auch Prozesse.
Ihr Aufruf für die Zukunft?
M Wir plädieren dafür, sich mit den Komplexitäten auseinanderzusetzen, ohne das Vertrauen zu verlieren. Wahrheiten liegen meist in der Mitte, nicht in Extremen. Widersprüche sind normal.