Seine Entwürfe sind schnörkellos, funktional und keinem Trend unterworfen. Er selbst ist ein Quereinsteiger, der zum richtigen Zeitpunkt mit seinen Projekten und Visionen am richtigen Ort war. Ein Blick in die spannende Welt des schwedischen Designers Jens Fager.
«Hej!», tönt es sympathisch am anderen Ende der Telefonleitung. In Ängelhom, gut 85 km nördlich von Malmö, wo Jens Fager sein Studio hat, scheint die Sonne. Auch in Zürich lässt sie sich an diesem Morgen blicken. «Der Sommerbeginn bringt positive Energie und Freude, das ist grossartig», sagt der schwedische Designer gleich zu Beginn.
In der nordischen Designszene hat sich Jens längst einen Namen gemacht; seine Entwürfe für namhafte Brands stehen in Wohnungen, Büros und Restaurants überall auf der Welt. Umso überraschender ist sein Einstieg in die Branche: «Ursprünglich war ich Koch. Ich habe drei Jahre lang in der Küche gearbeitet, bevor es mich in die Designwelt verschlug», erzählt der Gestalter mit einer ansteckenden Gelassenheit. Er studierte an der Hochschule Konstfack in Stockholm, absolvierte ein Austauschsemester in Japan an der Tohoku University und präsentierte schliesslich 2008 seine Diplomarbeit in Mailand, wo ihm der Durchbruch gelang. «Während dieser Ausstellung stiess ich auf viele Produzenten, die an meiner Arbeit interessiert waren. Ich hatte tolle Gespräche mit Marken wie Cappellini, Established & Sons oder Muuto.» Weil er, gerade am Anfang seiner Karriere, eine enge Beziehung zu den Herstellern haben wollte, entschied er sich damals dazu, mit Muuto zusammenzuarbeiten. Heute, 13 Jahre später, kooperiert er gemeinsam mit seinem vierköpfigen Team immer noch regelmässig mit der dänischen Marke. «Ich schätze die Aufmerksamkeit, die jedes Projekt bei ihnen bekommt. Wir arbeiten zwar mit hohem Tempo, aber niemals gestresst. Ausserdem sind sie, genau wie mein Team und ich, sehr detailverliebt», lobt Jens das Unternehmen.
Faszination Alltag
Unlängst lancierte der schwedische Designer sein jüngstes Produkt mit Muuto, den «Soft Side Table» – geradezu ein Paradebeispiel für seine Arbeitsweise und Designphilosophie. Denn Jens entwirft gerne Produkte, die einen Platz haben im Alltag der Menschen. In seinem Studio, einer umgebauten Scheune mitten in der Natur, wird immer zuerst analysiert, was die Hauptaufgabe eines Produkts ist und in welchem Kontext es von Menschen wahrgenommen wird. «Der Mensch und sein Alltag sind meine grösste Inspiration. Ich kann stundenlang irgendwo hinsitzen und Menschen beobachten. Wie sie nach etwas greifen, wie sie sich hinsetzen und wieder aufstehen … So wird mir bewusst, wie wir Dinge besser lösen können», sagt Jens. Beim «Soft Side Table» konzentrierte er sich beispielsweise darauf, wie Menschen auf einen Beistelltisch schauen.
«Man schaut ständig von oben auf ihn herab und sieht deshalb nicht nur die Tischplatte, sondern auch den Tischfuss. Man schenkt diesem Teil enorm viel Aufmerksamkeit, deshalb legten auch wir den Fokus unseres Entwurfs darauf», erklärt er. Weil man einen Beistelltisch im Alltag auch ständig umplatziert, integrierte er einen subtilen Griff in die Tischplatte, welche das Interagieren mit dem Produkt vereinfacht. Der von ihm entwickelte Fuss sorgt optisch für Balance, und die versteckte Griffmulde gibt dem Tisch einen eigenständigen Charakter. Das sei das Schwierigste beim Entwerfen von Alltagsgegenständen, so der ehemalige Koch: «Eine persönliche Note in ein Produkt zu bringen, das einfach aussieht.» Die Produkte, die Jens entwirft, sind zeitlos, leise und geradlinig, der Wow-Effekt entwickelt sich erst, wenn man sich mit ihnen beschäftigt. Etwas Typisches für Design aus dem hohen Norden, wo Langlebigkeit eine wichtige Rolle spielt. «Was ich an der nordischen Ästhetik schätze, ist, dass wir das Wesentliche eines Produkts in den Mittelpunkt stellen. Ausserdem arbeiten wir gerne mit Materialien, die über die Jahre eine schöne Patina bekommen und deshalb langlebig sind sowie einen guten Einfluss auf die Umwelt haben», beschreibt Jens seine heimische Designkultur.
Bedachter Ausblick
Der Zukunft sieht der Gestalter gespannt entgegen, er freut sich auf Entwicklungen in der Branche, die aufgrund von Reflexionen während der Pandemie entstehen werden. Er selbst hat noch einige Projekte vor sich – auf Neues mit Swedese und Källemo kann man sich bald freuen – sowie Visionen, die er vielleicht bald mal umsetzen kann. «Es gibt vieles, das ich gerne mal entwerfen würde. Aber am liebsten würde ich mich mit Handicap-Produkten beschäftigen. Diese sind immer etwas an den Rand gedrängt worden, und niemand will sich wirklich darum kümmern. Gerade für Menschen mit Handicap sollte noch besser gestaltet werden, denn sie können sich nicht so leicht anpassen wie wir», führt Jens aus. Ob er vielleicht mal in die Gastronomie zurückkehren wird? «Das glaube ich weniger», sagt er schmunzelnd. Es ist und bleibt eine Leidenschaft, der er privat sowie auch beruflich weiterhin viel Aufmerksamkeit schenkt. «Gemeinsam mit einem Freund haben wir die Marke Nouie kreiert, die Produkte für gastronomische Erlebnisse umfasst. Und ich bin Teilinhaber eines kleinen, feinen Restaurants hier in Schweden», verrät er noch zum Schluss. Sollten Sie also nach Schweden reisen und einen guten Restauranttipp gebrauchen, kennen wir da jemanden, der Ihnen weiterhelfen kann…
jensfager.se, muuto.com