Vor zwei Jahren berichteten wir über den umtriebigen Conor Mccreedy und dessen mondänes Zuhause im Herzen Zürichs. Nun haben wir den südafrikanischen Künstler erneut besucht und tauchten ein in sein blaues Universum aus Kunst, Musik und weiteren brandneuen Projekten.
Unweit vom bekannten Zürcher Hotel Storchen steht ein altehrwürdiges Gebäude direkt am Wasser. In den 70er-Jahren war im Erdgeschoss die Boutique einer weltbekannten Modemarke untergebracht. Die oberen Stockwerke waren an Anwaltskanzleien und Vermögensverwalter vermietet. Seither hat sich die Mieterschaft komplett verändert. Conor Mccreedy hat sich, seit er 2013 nach Zürich zog (wir berichteten in der Ausgabe 02-20), Etage für Etage angeeignet. Das Dachgeschoss sowie ein Teil der zweiten Etage (die Räumlichkeiten einer ehemaligen Privatbank) dienen Mccreedy als Wohnraum. Von dort führt eine Tür ins Herzstück seines Schaffens, das Atelier.
Eine Etage tiefer befindet sich ein Nutzungsmix aus Büro, Atelier und Showroom, von dem eine Wendeltreppe ins Erdgeschoss, in den eigentlichen Showroom führt. Hier hat Mccreedy eine neue Fläche des Hauses gemietet. «Ursprünglich mietete ich nur die Hälfte», erzählt er uns beim Eintreten. «Letzten Sommer hat die ehemalige Mieterin des Lokals nebenan gekündigt und ich entschloss, den Showroom zu vergrössern.» Wände wurden herausgerissen und originale 70er-Jahre-Einbauten der ehemaligen Modeboutique sowie Natursteinböden freigelegt. «Meine Kunst braucht Platz, um zu wirken», sagt er und deutet auf eines seiner neuesten Werke, das er in Zusammenarbeit mit dem bekannten Flügel- und Klavierbauer Steinway & Sons und Musik Hug entwickelt hat: Ein weisser Flügel, der dank blauer Farbe Conors unverwechselbare Handschrift trägt.
«Die Malerei im Innern des Pianos symbolisiert das Chaos, die Farbe an den Rändern die schmelzenden Eisberge, die Musik die erklingt, bringt alles ins Gleichgewicht», erzählt er und setzt sich an die Klaviatur. Während er weiterspricht, ertönen sanft die ersten Akkorde von Beethovens Mondscheinsonate. Wir staunen nicht schlecht – vor allem weil das Piano wie von Zauberhand weiterspielt, als Mccreedy aufsteht und uns zu einem weiteren Bild führt, in dessen Mitte ein weissblauer Kreis den dunkelblauen Grund erleuchtet. Der Effekt des von Geisterhand musikspielenden Konzertflügels ist verblüffend, und der charmante Übergang von einem zum nächsten Projekt ist sinnbildlich für Mccreedys Werk und Leben. Der Künstler malt ausschliesslich mit blauer Farbe und weiss mit seiner Kunst Begehrlichkeiten zu wecken, die Sammler dazu bewegen, seine Malereien und Installationen zu erstehen.
Das jüngste Projekt ist eine Serie von sechs normalgrossen und zwei überdimensionalen blauen Sitzbänken, die er im Nobelskiort St. Moritz rund um sowie mitten auf dem gefrorenen See platziert hat. «Die Natur im Engadin gibt mir Kraft und inspiriert mich immer wieder aufs Neue» sagt er. Die Bänke hat der Künstler frei zugänglich um den See herum platziert. Ein überdimensionales, sechs Meter hohes Exemplar gleich neben dem bekannten Paradiso Mountain Club, in dem gut betuchtes Klientel die Sonne auf der ausladenden Terrasse geniesst. Wer die Bank erklimmen will, muss entweder athletisch sein oder eine Leiter nehmen. Oben angekommen, lässt sich aber die Aussicht geniessen und über die Zitate sinnieren, die der Künstler mit weisser Farbe auf die Bank gemalt hat. «Die Bänke bleiben noch bis im Sommer in St. Moritz», erläutert der Künstler – Wanderwege führen vom einen zum nächsten und laden die Besucher ein, innezuhalten und die Natur zu geniessen.
Mccreedy wäre aber nicht er selbst, wenn das blaue Sitzbank-Projekt, das einzige in der Pipeline wäre. Der international bekannte Pariser Verlag Assouline veröffentlicht im Frühling einen Band zu Mccreedy, mit dem passenden Namen «the blue Sultan». Und mit einer, im Zuger Cryptovalley ansässigen Firma, entwickelt er aktuell ein NFT (Non-Fungible Token), mit dem er den Schritt ins Metaverse wagt. Es gäbe noch weitere spannende Projekte zu erwähnen – allerdings sparen wir uns diese vorerst auf und vertrösten Sie auf den Frühsommer, wenn die Wohnrevue zusammen mit Mccreedy einen Event in seinem Showroom veranstaltet. Ursprünglich hätte die Veranstaltung beim Erscheinen dieser Ausgabe stattfinden sollen, aufgrund der besonderen Umstände findet sie erst Ende Frühling statt. Dann aber inklusive persönlicher Führung des Künstlers durch sein Atelier und samt einem Einblick in den sogenannten «Blue Room», in dem man voll und ganz ins Blaue eintauchen kann.