Wort: Paula Mühlena / Bild: ZVG
Einbeiner, Dreibeiner, die rosa Gepunktete oder die kleine Blaue – Schalen von Flavia Horat. Ihr Element ist der Ton; mit ihm modelliert sie erfrischend unkonventionell ausbalancierte Gefässe. Zwischen Intuition und Reproduktion verfolgt die Zürcher Töpferin dafür diszipliniert fünf eigenständige Produktfamilien.

Ein Atelier in der Stadt, eines auf dem Land: Egal ob Flavia Horat in Zürich oder in Sattel-Aegeri ist, der Tag startet für sie typischerweise mit einem Spaziergang durch Wiesen und Wälder – begleitet von ihrer Hündin Prana. Danach geht es ins Atelier.

Unter dem Label Horat Keramik entwickelt und fertigt die Szenografin, Fotografin und Töpferin keramische Objekte. Dies können Auftragsarbeiten oder eigenmotivierte Arbeiten sein. Ihr Medium ist dabei der Ton, die Inspiration: Formen, Farben und Bildkompositionen.
Horats Werke sind funktional und zugleich unverwechselbar präsent. Vornehmlich umkreist sie mit ihnen das Urthema der Keramik – das Gefäss. So sind auch vier ihrer fünf stets wachsenden Kollektionen auf die Schale fokussiert.
Innerhalb ihrer Produktfamilien bleibt sie in der Wiederholung, forscht darin jeweils nach anderen, neuen Gestalten. In ihren Arbeiten spürt man diesen andauernden Dialog mit der Form. Sie fügt hinzu: «Das finde ich grundsätzlich spannend; dieses Am-Thema- und auch Am-Medium-Bleiben.»

Dabei differenzieren sich die einzelnen Kollektionen formal, aber auch in der Herangehensweise. Die Objekte der Serie «Yellow» und «Fingerprint-Schalen» sind in der Herstellung gewissermassen Reproduktionen. Anders bei der Serie «Baumschale»: Hierbei ist das Resultat, auch wenn der Grundcharakter der Serie feststeht, nicht direkt absehbar und der gestalterische Prozess relevanter.
Die «Baumschalen» lassen sich wie folgt beschreiben: Drei bis vier Beine – unregelmässig und fast wie natürlich gewachsen – tragen eine Schale. Unebene Konturen lassen das Objekt lebendig und gleichzeitig ausbalanciert wirken. «Ich suche nach der perfekten Imperfektion. Kombiniere freie und wilde Formen mit linearer Klarheit», erklärt Horat den intuitiven Prozess. Den Charakter, den all ihre Objekte intus haben, könne sie nicht planen, sagt sie.
Ton in Form und Farbe
Neben der Form spielt auch die Farbe der Objekte eine grosse Rolle. Diese kommt erst später im Prozess hinzu. Dabei geht die Zürcherin nicht planerisch vor, sondern wartet auf den richtigen Impuls, um ein Stück auch farblich zu vollenden. Viele ihrer Objekte stehen daher zunächst unglasiert im Regal – darunter auch eine besondere Schale. «Bei der weiss ich», sagt Horat, «sie müsste violett sein. Aber ich habe das richtige Violett noch nicht gefunden.»

Für ihre Schalen arbeitet die Gestalterin mit der Aufbautechnik. Dabei werden einzelne Tonwürste geformt, gestapelt und anschliessend von Hand verschlackt und verstrichen. «Ich nutze oft die Wärme meiner Hände, denn je besser man die Materialien, die eigenen Hände und deren Wärme kennt, desto optimaler kann man formen», sagt die erfahrene Töpferin. Genau das möchte sie in ihren Kursen in Zürich als auch im Sommer oberhalb der Gemeinde Sattel-Aegeri weitergeben. Ihr gefällt die Vermittlung der Technik, aber vor allem auch die Zufriedenheit der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer während und nach dem Besuch im Atelier. Ein Moment der Verlangsamung.