Wort: Roberta Angelini / Redaktion: Bernadette Bissig / Bild: ZVG
Alexander Kirkeby hat sich dem traditionellen Handwerk des Glasblasens verschrieben. In seiner Werkstatt in Aarhus fertigt er Alltagsgegenstände aus Kristallglas und verbindet dabei jahrhundertealte Techniken mit modernem Design. Die Werke des Dänen sind jedoch keinesfalls alltäglich, sondern verbinden das formal
Barocke reizvoll mit der transparenten Materialität.

Jedem Stück haftet etwas ganz Einzigartiges an. Sei es nun ein zierliches Champagnerglas, eine zarte Früchteschale oder ein opulenter Kerzenständer. Die Objekte mit ihren exzentrischen, flirrenden, in die Höhe strebenden Formen weisen alle eine eigenwillige Note auf. Denn nach vielen Jahren des Glasblasens ist Kirkeby nicht mehr auf der Suche nach Perfektion. Kontrolle über das Material zu erlangen, interessiert ihn nicht mehr. Mittlerweile hat er das Mass an Fehlerhaftigkeit akzeptiert, das dem Handwerk eigen ist, und bindet es in sein Schaffen ein.
Denn gerade das Unkontrollierbare und Unvollkommene ist es, das den Reiz seiner Objekte ausmacht. Entsprechend geht der Designer mittlerweile auch ohne exakte Skizzen ans Glasblasen heran. Mit Kreide skizziert er ganz grob eine Form auf, die er in etwa umsetzen will. «Ich bin nach wie vor fasziniert vom Prozess des Glasblasens – von dieser schnellen, rastlosen Bewegung, die die volle Hingabe für die heisse, flüssige Masse verlangt», so der Däne.

Techniken entschlüsseln
Seit 2022 widmet sich Kirkeby vollumfänglich der Glasbläserei. Nach einem BA-Abschluss in Design an der renommierten Royal Academy of Art – School of Design of Denmark in Kopenhagen sowie einem Workshop in Glasblasen brachte er sich als Autodidakt das Handwerk in unzähligen Stunden selber bei. Er lernte den Umgang mit der Glasbläserpfeife und mit der glühenden Materie. Unermüdlich eignete er sich zahlreiche jahrhundertealte Techniken an. Und heute erforscht und entdeckt Kirkeby deren immer noch neue. Etwa wenn er neapolitanische und venezianische Glassammlungen studiert, deren Herstellung mit Techniken erfolgte, die er noch nicht vollständig entschlüsselt hat. Durch seine Experimentierfreudigkeit entdeckt er immer wieder neue Ausdrucksformen und Techniken, die er in seine Arbeitsweise aufnimmt. So oszillieren seine Werke zwischen filigranen Details und einem spontanen und intuitiven Zugang zur Form.
In Bezug aufs Material setzt Kirkeby vornehmlich tschechisches Glas ein. Dadurch erreicht er absolute Transparenz, viel reiner und anders beschaffen als das leicht opake Muranoglas. Diese Materialität ermöglicht es ihm, seine Objekte in eine ganz eigene Formensprache zu bringen, die verformte, ineinanderfliessende Konturen aufweisen.
Das Experimentelle im Fokus
In einer alten Schiffswerft im Hafen von Aarhus hat der dänische Glasbläser seine Werkstatt eingerichtet. Hier arbeitet Kirkeby, umringt von seinen fünf Brennöfen. Seine filigranen und doch kraftvollen Glasformen beginnt er oft in einer traditionellen Herangehensweise und veredelt sie mit seinem eigenen experimentellen Ansatz: «Ich gehe an die Grenzen des Möglichen», beschreibt der Designer seine Philosophie. Durch die Kombination der beiden Arbeitsweisen entstehen klassische gewirbelte und gerippte Glasformen, die er mit Hebeln, Pinzetten und Scheren schneidet, zieht und kneift, bis die für ihn typischen asymmetrischen Objekte daraus entstehen.

Kirkebys transparente Kreationen erhielten bereits zahlreiche Auszeichnungen. So etwa bei der innovativen Designmesse Edit Napoli im Jahre 2021 bis hin zu einer speziellen Erwähnung für seine Kollektion «Ceremony» bei The Venice Glass Week 2024. Diese dem Glas gewidmete Veranstaltung findet jedes Jahr im September in Venedig statt und zieht an Glas interessierte Kunst- und Designschaffende aus aller Welt in die für ihre Glaskunst berühmte Lagunenstadt.
alexanderkirkeby.com