Nachhall

Wort: Anina Cammarota / Bild: Alessandro Della Bella, Implenia
Wo früher Lokomotivgeschichte geschrieben wurde, hat ein neues Kapitel begonnen. Der Grundstein für eine weitere prägende Erzählung der Eulachstadt ist bereits gelegt. Sie spricht von urbanem Quartierbau und nachhaltiger Architektur. Die Lokstadt in Winterthur ist eine zukunftsweisende sowie vielfältige Arealentwicklung.

Die Industriearchitektur zur Hauptstrasse hin verschmilzt raffiniert mit dem siebenstöckigen Neubau Elefant im Hintergrund. Die Holzbauweise ist CO₂-schonend und energieeffizient.

An der Zürcherstrasse, die von der Gemeinde Töss zum Bahnhof und der dahinterliegenden Altstadt von Winterthur führt, säumen rotbraune Backsteingebäude die dicht befahrene Hauptstrasse. Was früher zu den Werkshallen der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) gehörte, ist heute Teil eines innovativen Stadtentwicklungsprojekts. Die Lokomotiven, die einst aus diesen Werkshallen rollten, schrieben Geschichte mit ihren äusserst kreativen Namen. Namen, die ihnen Käufer, Arbeitende oder die Öffentlichkeit liebevoll verliehen hatten. Zwar verlassen heute kein «Krokodil», «Elefant», «Tigerli» oder «Big Boy» mehr die Werkshallen in Winterthur, doch die Namen der Lokomotiven bleiben unvergessen: Sie sind heute als Gebäudenamen Teil der Lokstadt und des neuen Stadtteils.

Ein Teil der Halle Draisine wird von zwei Kindergarten- und zwei Unterstufenklassen belebt. Darüber hinaus bleibt auf den 1650 Quadratmetern Platz für Veranstaltungsräume.

Auf dem seit Jahren grösstenteils stillgelegten Industriegelände entsteht neben Wohn- und Bürofläche auch Raum für städtische Kultur und soziales Leben. Die meisten Um- sowie Neubauten sind abgeschlossen, und wer heute durch die Lokstadt schlendert, kann schon erkennen, welch lebendiger Stadtteil hier entsteht. In den begrünten Innenhöfen, die zwischen den Neubauten und historischen Gebäuden angelegt sind, tritt die viel befahrene Hauptstrasse in den Hintergrund. Ein idyllischer, in sich geschlossener Stadtteil mit authentisch historischem Flair präsentiert sich. Die im Erdgeschoss angesiedelten Gewerbeflächen – wie etwa im Neubau Krokodil – die Kunstgewerbe, Galerien, Einkaufsmöglichkeiten oder Gastronomiebetriebe beherbergen, lassen an die Gassen der Winterthurer Altstadt denken. Dabei laden sie mit urbanem Charme zum Flanieren ein. Der grosszügige Dialogplatz im Herzen des Areals bietet Jung und Alt einen Ort für Besinnung, Austausch, Begegnungen oder Rückzug auf grünen Flächen.

125 Mietwohnungen finden in dem 16 Stockwerk hohen Big Boy Platz. Die erlesenen, europäischen Materialien für den Innenausbau setzen das Nachhaltigkeitskonzept der Lokstadt gekonnt um.

Wohlüberlegte Eingriffe
Das Projekt Lokstadt besticht durch Vielfalt und vereint darüber hinaus Alt und Neu zu einem harmonischen Ganzen. Um diese Synergie unter optimalen Bedingungen zu erreichen, war der Austausch mit dem Denkmalschutz während der Planungsphase entscheidend. «Der Schutzumfang wurde so definiert, dass dieser einerseits den historischen Charakter des Areals langfristig bewahrt und andererseits eine nachhaltige Nutzung nach modernen Standards ermöglicht», erläutern die Projektverantwortlichen bei Implenia. «Grundsätzlich wurden alle Elemente erhalten, die keine Nachteile in der neuen Nutzung aufweisen. Nur einzelne, schonende Eingriffe in Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurden getätigt.»

Zum Dialogplatz hin sind im Erdgeschoss des Neubaus Krokodil Gewerbeflächen angesiedelt. Dies unterstützt dessen einladende Atmosphäre – fast wie auf einer italienischen Piazza.

Auch An- und Neubauten waren ein wesentlicher Bestandteil des Lokstadt-Konzepts. Die neuen Gebäude treten dabei zurückhaltend gegenüber der historischen Substanz auf und lassen so den industriellen Charakter des Geländes optimal in Erscheinung treten.
Die vorwiegend aus Holz gefertigten Neubauten fügen sich in bestehende Strukturen ein und erzeugen einen Kontrast zwischen neuer und alter Architektur.

In geschickter Anordnung fügen sich die Neubauten auf dem Lokstadt-Gelände zusammen. Die begrünten Innenhöfe werden zu Begegnungszonen für die Bewohnerinnen und Bewohner und fördern so das Quartierleben.

Die Stadthäuserreihe, gelegen in einer Querstrasse zur viel befahrenen Zürcherstrasse, ist ein eindrucksvolles Beispiel, für das Zusammenspiel von Historie und Gegenwart. Teile des Industriebaus, der einst als Empfangsgebäude der SLM diente, wurden erhalten. So ist die historische Backsteinfassade, wiederum zu der Querstrasse hin gelegen, im Original erhalten. Der hintere Anbau zum Innenhof mit seiner modernen Fassadengestaltung erzeugt eine reizvolle Spannung zwischen architektonischen Begebenheiten und Stilen. Der neue Stadtteil vereint zudem vielfältige Wohnformen – von Genossenschaftswohnungen und Alterswohnungen bis hin zu Wohneigentum.

Bei der Freiraumgestaltung des Lokstadt-Areals stand einheimische Bepflanzung im Fokus; auch der hier abgebildete Innenhof des Gebäudes Krokodil wurde üppig begrünt.

Von Hallen zu Hochhäusern
Die denkmalgeschützten Hallen der Lokstadt sind nicht als Wohnraum geeignet und wurden deshalb als gewerbliche Nutzfläche definiert. Dennoch wurden sie geschickt in das Gesamtkonzept integriert. Die Projektverantwortlichen von Implenia erklären, dass im Schutzvertrag aus dem Jahr 2003 festgehalten worden sei, welche Hallen historisch relevant und für das Gelände identitätsstiftend sind. Mit dem geplanten Casino in der Halle Rapide habe man eine geeignete Nutzung gefunden, die die Erlebbarkeit des industriellen Erbes unterstütze. Eröffnet wird das Casino voraussichtlich Ende 2025. Zudem bieten die weiteren historischen Fabrikhallen auch Platz für Kindergarten, Schulklassen, diverse Manufakturen und Gastronomiebetriebe.

Die rostroten Backsteinmauern sind auf dem gesamten Areal präsent. Zur viel befahrenen Zürcherstrasse hin prangt das Logo der Lokstadt, das grafisch an die Geschichte anknüpft.

In der aktuellen Bauetappe entsteht auch das Holzhochhaus Rocket, umgeben von den Sockelgebäuden Tigerli. Es überragt mit seinen 33 Geschossen die gesamte Lokstadt und liegt direkt am Dialogplatz – einem bereits jetzt symbolträchtigen Ort für den neuen Stadtteil der Eulachstadt.


 

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